Aus den Erzählungen „Mann Melanie, jetzt bist du eine Deutscherin“ von Ursula H. Busch

Es ist doch zum Verzweifeln – oder nicht?

Kein besonders guter Schultag heute. Alles ist so zäh.

Die Einmaleinsreihe wurde wieder vergessen, das Lesen geht nur schleppend, im Diktat werden die gleichen Fehler gemacht wie gestern und vorgestern.

Die Lehrerin redet sich allmählich in Rage. „Sagt mal, rede ich gegen eine Wand? Spreche ich mit Euch chinesisch? Das Diktat war doch noch mal zu üben, und was sehe ich…?“

Ein Blick in die eben abgegebenen Diktathefte scheint ihr die letzte Fassung zu rauben. Nun steigert sie sich wirklich rein. „Das ist ja zum Verzweifeln, ich versteh es nicht….“

Die Klasse verfolgt stumm und wie gebannnt das Szenario

So weiten sich die Vorhaltungen der Lehrerin zur generellen Strafpredigt aus. Als das Verhalten der Lehrerin an das eines Derwischs erinnert, schauen sie verlegen weg, manche ducken sich   unwillkürlich, aber nur diejenigen, die nicht damit gemeint sind. Aber alle machen ein höchst betretenes Gesicht.

Nur in der letzte Reihe ein leises Glucksen, das proportional zur Lautstärke der Lehrerin immer lauter wird, um schließlich in einem Heiterkeitsausbruch zu enden. Mit vor Begeisterung funkelnden Augen platzt Savas los:

Also wirklich Frau Busch, du bist eine echte Komiker!

Du solltest Dich mal sehen!

Wenn Du zu ein Bühne gehst, also dann.

Also ich sage Dir, die Leute lachen sich tot.

Tooot! Also gestern in Fernsehen….

Ihren angefangenen Satz bringt die Lehrerin nicht zu Ende. Savas hat sie nämlich auf eine neue Idee gebracht:  den Schulalltag aus einer anderen Perspektive zu sehen, mit den Augen des Komikers.

Kein besonders guter Schultag heute.

Aber ein ganz besonderer Schultag!